Teil 1
I. Rechtliche Ausgangssituation
Grundsätzlich gewährleistet das MarkenG dem Inhaber eines Kennzeichens das umfassende und alleinige Benutzungsrecht an seinem geschützten Zeichen in dem geschützen Bereich (Klassifikation). Um die Monopolisierung seines Kennzeichens im geschäftlichen Verkehr sicherzustellen sieht das Markenrecht dem Benutzungsrecht korrespondierende Verbietungsrechte in Form von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen vor. Diesbezügliche Regelungen finden ihre gesetzliche Grundlage in §§ 14, 15 oder 17 II MarkenG. Diese sog. markengesetzlichen Verletzungsansprüche gelten jedoch nicht unbeschränkt. Das Interesse des Kennzeicheninhabers an der alleinigen Benutzung des Zeichens muss manchmal auch zurückweichen, insbesondere dann wenn die Benutzung bestimmter Arten von Angaben unmöglich gemacht würde, auf die andere Unternehmen angewiesen sind oder an denen zumindest im konkreten Verletzungsfall ein die Interessen des Kennzeichensinhabers überwiegendes Nutzungsinteresse Dritter anzuerkennen ist.
Diese juristische Problematik sollen folgende Beispielsfälle verdeutlichen: Darf ein Hersteller von Aluminiumrädern im Rahmen der Werbung die Marke eines exklusiven Sportwagens auf einer Abbildung dieses Sportwagens mit seinen Aluminimrädern verwenden, wenn Räder des Herstellers u.a. für diesen Fahrzeugtyp bestimmt sind? Darf die Beschriftung einer Staubssaugerfiltertüte einen Vermerk enthalten, für welche Staubsauger sie verwendet werden kann? Dürfen Rasierklingen eines Hinweis enthalten für welche Rasierer sie geeignet sind? Darf eine KfZ Werkstatt unter Verwendung einer fremden Marke dafür werben, dass sie Autos einer fremden Marke instandsetzt, wartet oder verkauft?
Diese Beispiele ließen sich ins Unendliche weiterspinnen, doch zeigen sie deutlich das juristische Dilemma, das sich Verkäufer fremder Waren oder Herstellern von sogenannten No-name-Produkten im Rahmen der Produktwerbung stellen müssen.
Wie gestalte ich als Verkäufer meine Werbung beispielsweise im Rahmen eines Onlineshops für Produkte, die für Gebrauch von Waren fremder Marken bestimmt sind, ohne das Markenrechts des Inhabers zu unterlaufen? Die gleiche Frage stellt sich für das Angebot von Dienstleistungen, welche in Bezug auf Waren einer fremden Marke erbracht werden sollen.
Wir befinden uns hier in einer juristischen Zwickmühle: Einerseits gilt es das umfassende Benutzungsrecht des Kennzeicheninhabers zu beachten, andererseits statuiert das Gesetz gerade in § 23 MarkenG die kleine Rettungsinsel, die es erlaubt fremde Kennzeichens im Rahmen des eigenen Geschäftsverkehr zu benutzen. Also, wie erreicht man diese Rettungsinsel? Und wann hat man so juristisch gefestigten Boden erreicht, um nicht von der nächsten Abmahnwelle erfasst zu werden?
II. Rechtliche Anforderungen an die Werbung mit fremden Marken
Die Zulässigkeit eines Werbeeinsatzes fremder Marken ist in § 23 Nr.3 MarkenG gesetzlich verankert. Danach hat der Inhaber einer Marke nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.
Daraus lassen sich folgende Anforderungen für den Werbeeinsatz fremder Marken ableiten:
1. Vorliegen einer Bestimmungsangabe
Erstens muss es sich um eine Bestimmungsangabe handeln, wie z.B. „Rasierklingen passend für Rasierer XY“ oder „Staubsaugerfiltertüten geeignet für Staubsauer XY“.
2. Notwendigkeit der Bestimmungsangabe
Die Verwendung dieser Bestimmungsangabe muss des weiteren notwendig sein, d.h. der Öffentlichkeit kann eine verständliche und vollständige Information über die Bestimmung ohne Benutzung der Marke praktisch nicht übermittelt werden. Die Benutzung der fremden Marke muss praktisch das einzige Mittel darstellen, um eine solche Benutzung zu liefern (vgl. EuGH GRUR 2005, 509- Gillette, Tz. 35.) Es genügt also nicht, dass die Angabe allgemein im Interesse der Abnehmer oder der Allgemeinheit an einem bestimmungsgemäßen Produktgebrauch liegt. Nicht jede Information, durch die der Verbraucher erfährt, wie das Produkt überhaupt einsetzbar ist, ist freigestellt, sondern nur die wirklich alternativlose (vgl. BGH GRUR 2005, 423, 425- Staubsaugerfiltertüten).
3. Beachtung der anständigen Gepflogenheiten im Gewerbe und Handel
Als letztes darf die Benutzung der Marke auch nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Die Benutzung der Marke muss daher aufgrund richtlinienkonformer Auslegung des § 23 MarkenG unter Beachtung der anständigen Gepflogenheiten im Gewerbe und Handel erfolgen (BGH GRUR 1999,992,995- BIG PACK).
Die Benutzung der fremden Marke entspricht dann den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel, wenn sie den berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht in unlauterer Weise entgegensteht. Eine unlautere Benutzung liegt nach Ansicht des EuGH insbesondere in vier Fallgruppen vor, wenn sie (1) in einer Weise erfolgt, die glauben machen kann, dass eine Handelsbeziehung zwischen dem Dritten und dem Markeninhaber besteht, (2) den Wert der Marke dadurch beeinträchtigt, dass sie deren Unterscheidungskraft oder deren Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutzt (3) die Marke herabsetzt bzw. schlechtmacht oder (4) eine Ware als Imitation oder Nachahmung der Ware mit der geschützten Marke darstellt (EuGH GRUR 2005, 509 – Gillette, Tz. 49).
III. Ergebnis und rechtliche Würdigung
Dies bedeutet für unsere Ausgangsbeispielsfälle: Hinsichtlich der Rasierklingen hat der EuGH die Benutzung einer fremden Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer von einem Dritten vertriebenen Ware als zulässig erachtet, da der Hinweis auf die fremde Marke notwendig ist, um der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über diese Bestimmung dieser Ware zu liefern (EuGH, Urteil vom 17. 3. 2005 – C-228/03- Gillette). Ebenso erklärte der BGH den Bestimmungshinweis der Staubsaugertüten (BGH, Urteil vom 20. 1. 2005 – I ZR 34/02 (OLG Nürnberg) sowie auch die Werbung für Aluminiumräder unter Verwendung der fremden Marke (BGH, Urteil vom 15. 7. 2004 – I ZR 37/01 (OLG Stuttgart) für zulässig. Der EuGH wendet seine Grundsätze hinsichtlich der notwendigen Bestimmungsangabe auch im Bereich der Dienstleistungen an, so dass ebenso eine Kfz-Werkstatt unter Verwendung einer fremden Marke werben darf, wenn sie Autos einer fremden Marke instandsetzt, wartet oder verkauft (EuGH, Urteil vom 23.02.1999 – C- 63/97).
Als Ergebnis ist daher festzuhalten: Die Rechtsprechung des EuGH sowie auch des BGH stellen eindeutig klar, dass die Benutzung einer fremden Marke unter den Voraussetzungen des § 23 MarkenG gestattet ist. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Rechtsprechung die einzelnen Anforderungen des § 23 MarkenG weiter konkretisieren wird. Ausgangspunkt wird aber immer der Einzelfall sein, so dass es weiterhin im konkreten Fall der Prüfung einer alternativlosen Notwendigkeit der Bestimmungsangabe sowie der Einhaltung der anständigen Gepflogenheiten im Gewerbe und Handel bedarf.
(js)