BGH, Urteil vom 19. 5. 2010 – I ZR 71/08 (OLG Frankfurt a.M.) Untersetzer
GGV Art. 6, 10
a) Für die Bestimmung des Schutzumfangs (Art. 10 GGV) eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters ist es grundsätzlich unerheblich, woraus sich dessen Eigenart (Art. 6 GGV) im Einzelnen ergibt.
b) Bei der Bestimmung des Schutzumfangs ist nach Art. 10 Abs. 2 GGV – ebenso wie bei der Bestimmung der Eigenart nach Art. 6 Abs. 2 GGV – der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters zu berücksichtigen. Der Schutzumfang eines Geschmacksmusters richtet sich deshalb nach dessen Abstand zum vorbekannten Formenschatz.
c) Entwerfer des Geschmacksmusters im Sinne des Art. 10 Abs. 2 GGV ist – ebenso wie im Sinne des Art. 6 Abs. 2 GGV – der Entwerfer des Klagemusters. Für die Beurteilung des Gestaltungsspielraums des Entwerfers und damit des Schutzum-fangs eines eingetragenen Geschmacksmusters ist daher der Zeitpunkt der An-meldung dieses Musters zur Eintragung maßgeblich.
BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 – I ZR 71/08 – OLG Frankfurt a.M.
Sie haben endlich ein tolles Firmen- oder Produktlogo gefunden und wollen dies nun schützen lassen? Lesen Sie hier, welche Möglichkeiten es gibt, Ihr Logo schützen zu lassen.
Logo schützen als eingetragene Marke
Markenrechtlich ist ein Logo als Bildmarke oder Wort- Bildmarke schutzfähig. Bei der Wort- Bildmarke wäre das eine Kombination aus Grafik und Text (Beispiel). Bei einer reinen Bildmarke wird nur ein Bild als Marke geschützt. Um ein Logo schützen zu lassen, muss es unterscheidungskräftig sein. Ihr Logo sollte also fantasievoll und nicht beschreibend sein. Der Begriff „Apfel“ für einen Obsthandel ist tendenziell nicht schutzfähig; ein Apfel für einen Computerhandel schon. Ein Logo als Marke zu schützen ist empfehlenswert, wenn Sie das Logo im geschäftlichen Verkehr z.B. auch auf Ihren Produkten oder auf Ihrer Firmenpräsenz verwenden. Markenschutz besteht grundsätzlich für 10 Jahre und ist beliebig verlängerbar. Das kostet zwar eine Gebühr, aber wenn die Marke funktioniert, dann kann und sollte man das auch investieren, um das Logo weiterhin effektiv zu schützen.
2 Beispiele für geschützte Marken:
Käptn Blaubär als Wort- Bildmarke [DE39551924]
„Der Elefant“ als Bildmarke [DE30135654]
Logo schützen als Geschmacksmuster
Ein Geschmacksmuster oder auch eingetragenes Design ist eine Möglichkeit, die Erscheinungsform eines Gegenstands schützen zu lassen. Die Erscheinungsform wird durch Konturen, Linien, Farben oder Verzierungen etc. bestimmt. Ganz klar sind aber auch Logos und zweidimensionale Grafiken als Geschmacksmuster schutzfähig. Der Vorteil gegenüber der Marke besteht darin, dass das Design unabhängig von einer Ware oder Dienstleistung geschützt ist. Dafür kann man ein Geschmacksmuster nur maximal 25 Jahre halten. Danach kann man den Schutz nicht mehr verlängern. Der Schutz eines Logos als eingetragenes Design bzw. Geschmacksmuster und als Marke ist parallel möglich und sollte für größtmöglichen Schutz nach Möglichkeit auch parallel vorgenommen werden.
Urheberrechtlicher Schutz von Logos
Auf den urheberrechtlichen Schutz von Logos sollte man sich tendenziell nicht verlassen. Dies kommt nur bei solchen Logos in Betracht, die eine entsprechende „Schöpfungshöhe“ aufweisen. Das ist bei einem Gemälde der Fall, bei Standard WEB 2.0 – Logos eher nicht. Wenn man aber ein solches Werk wirklich als Logo verwendet sollte man es entweder zusätzlich als Marke oder als Geschmacksmuster schützen. Oder man sollte sich wenigstens einen Prioritätsnachweis ausstellen lassen, mit dem man im Zweifel beweisen kann, dass man Urheber des Logos ist.
Logos gleichzeitig als Marke und als Design schützen lassen!
Am besten lassen Sie Ihr Logo schützen durch eine registrierte Marke und als Geschmacksmuster (eingetragenes Design). Denn dann können Sie letztlich gegen die meisten unbefugten Nutzungen Ihres Logos vorgehen. Gerne beraten wir Sie hierzu. Jetzt hier Ihr Logo als Marke schützen lassen.
Der Fall “NESSPRESSO”
“Ethical Coffee Company”, ein schweizer Unternehmen, das seit 2010 biologisch abbaubare und zu Nespresso-Maschinen kompatible Kaffeekapseln in Frankreich herstellt, vertreibt diese seit 2011 in ganz Europa.
Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé hatte Anfang des Jahres den Vertrieb unter Berufung auf seine Patente untersagen wollen.
Das LG Düsseldorf wies den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung als unbegründet ab, LG Düsseldorf – 4b O 81/12. Weiterlesen
“ Im Ausland hergestellt – im Inland vertrieben” – BGH, Urteil vom 28. September 2011, I ZR 23/10
Kinderwagen v. Kinderwagen – der Fall:
Die Klägerin, mit Sitz in den Niederlanden ist Inhaberin des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters (Nr.: 000049655-0003) und vertreibt weltweit Babyprodukte, seit 2003 u.a. auch das Kinderwagenmodell “ZAPP” unter der Marke “Quinny”. Sie hat sich also das Design europaweit schützen lassen. Die Beklagte, eine GmbH aus Süddeutschland, ist Herstellerin von Babyaustattung und bietet ebenfalls Kinderwägen der Modelle “Fit” und ”Kiss” an.
Die Klägerin hält diese beiden Modelle für unzulässige Nachahmungen ihres eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters und beanstandet diese als wettbewerbsrechtlich unlautere Nachahmung ihres Modells “ZAPP”.
In 1. Instanz wies das LG Düsseldorf die Klage auf Unterlassung und Auskunftserteilung, sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, ab (LG Düsseldorf – 14 c O 294/08). Nach der für die Klägerin erfolgreichen Entscheidung des Berufungsgerichts (OLG Düsseldorf, WRP 2011, 614) legte die Beklagte Revision ein und beantragte erfolglos die Wiederherstellung des LG Urteils.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH)
Der BGH bejahte zustimmend mit dem Berufungsgericht die Ansprüche der Klägerin als Inhaberin des als Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützten Designs auf Unterlassung gem. Art. 19 I und Art 89 I a GGV. Die Modelle “Fit” und “Kiss” verletzen das eingetragene Geschmacksmuster, da für den informierten Benutzer kein “anderer Gesamteindruck” der angegriffenen Muster vom geschützten Gemeinschaftsgeschmacksmuster entstünde. Insbesondere ist hierbei nach BGH nicht auf die Vergleichbarkeit von einzelnen Merkmalen einzugehen, sondern ausschlaggebend sei allein der Vergleich des Gesamteindrucks des Gemeinschaftsgeschmacksmusters mit jedem Muster aus dem vorbekannten Formenschatz. Die Unterscheidungskraft einzelner Elemente ist demnach nicht ausreichend, sofern kein unterschiedlicher Gesamteindruck entsteht.
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin besteht unionsweit, da nach Art. 1 III 1 und 2 GGV das Gemeinschaftsgeschmacksmuster einheitlich ist und sich in den Wirkungen auf die gesamte Gemeinschaft erstreckt. Eine in einem Mitgliedsstaat begangene Verletzungshandlung “begründet in der Regel eine Begehungsgefahr für das gesamte Gebiet der Europäischen Union”, so der BGH.
Der Unterlassungsanspruch nach Art. 19 I GGV umfasst auch das “Herstellen und Herstellenlassen” der streitigen Modelle. Zwar konnte nicht festgestellt werden, dass die Herstellung in der europäischen Union erfolgte. Als ausreichend wurde jedoch allein die Begehungsgefahr betrachtet. Diese wiederum dadurch bejaht, dass “bei einem produzierenden Unternehmen die Frage des Produktionsstandortes bzw der Eigen- oder Auftragsausfertigung in erster Linie eine Kostenfrage ist, die sich fortlaufend ändern kann”. Daher könne von einer Begehungsgefahr innerhalb der Europäischen Union selbst dann ausgegangen werden, wenn die tatsächliche Herrstellung/ das Herstellen lassen außerhalb der europäischen Union erfolgt.
Darüber hinaus bekam die Klägerin den begehrten Schadenersatzanspruch gem. Art 89 I d GGV i.V.m § 42 II GeschmMG analog zugesprochen, soweit dieser auf im Inland begangene Verletzungshandlungen beruhte. Ebenso ein Auskunfts- und den Vernichtungsanspruch nach Art. 89 I d GGV iVm §§ 43 I, 46 GeschmMG, 242 BGB.
Zum Schutzbereich eines Geschmacksmusters
Für den Designer ist zum einen von Bedeutung ob dem eingetragenen Geschmacksmuster ein weiter oder enger Schutzbereich zukommt. Das hängt maßgeblich davon ab ob es sich bei dem Geschmacksmuster um ein “Pionier” handelt, oder vielmehr Gegenstände entworfen werden, die in fast jeder Facette bereits existieren.
Die “Vorreiterstellung” wurde bei dem hiesigen niederländischen Geschmacksmuster angenommen, da es sich nach BGH “erheblich vom vorbekannten Formenschatz absetzt”.
Die Möglichkeit des “sich absetzen vom Vorbekannten” ist wiederum umso einfacher – je größer der Gestaltungsspielraum des Entwerfers ist. Der Gestaltungsraum seinerseits hängt davon ab ob bzw. wieviele Vorgaben zu erfüllen sind. D.h. je weniger funktionale Vorgaben zu berücksichtigen sind, die von Mitbewerbern ebenfalls erfüllt werden müssen, umso größer ist der Spielraum für individuelle Innovationen.
Zum anderen muss wie in der Entscheidung auch erwähnt, berücksichtigt werden, dass nicht Unterschiede einzelner Elemente ausschlaggebend sind, sondern es ausschließlich auf den “Gesamteindruck” ankommt. Hierbei sind insbesondere die Merkmale vor Nachahmung geschützt, die das Geschmacksmuster prägen.
(mn)