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Sowohl in Widerspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als auch in Löschungs- und Verletzungsklagen vor den Gerichten, kommt es oft entscheidend auf die Frage an, ob zwei gegenüberstehende Wortmarken verwechslungsfähig sind oder nicht. Doch wie lässt sich dies anhand objektiver Kriterien bestimmen? Anhand der aktuellen (noch nicht rechtskräftigen) Entscheidung des DPMA in einem Widerspruchsverfahren der älteren Marke „BELMONDO“ gegen die angegriffene (jüngere) Marke „BERMOND“ möchten wir in unserem heutigen Beitrag aufzeigen, wie das Amt die Frage (unseres Erachtens korrekt) geprüft und beantwortet hat (Beschluss v. 18.05.2017, Az.: 30 2014 007 065.0 09). Was ein Widerspruchsverfahren allgemein ist, erfahren Sie übrigens hier:
https://www.breuerlehmann.de/widerspruch-markeneintragung-dpma/.
„BERMOND“ und „BELMONDO“ … Zum Verwechseln ähnlich oder nicht? … Was meinen Sie?
Zunächst ein Blick in das Markengesetz. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG kann die Eintragung einer Marke (hier: BERMOND; DE302014007065) unter anderem gelöscht werden, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang (hier: BELMONDO; UM004424198) und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.
Dreh- und Angelpunkt ist also die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen „BERMOND“ und „BELMONDO“ besteht. Wie sich aus dem Gesetz ergibt, kommt es dabei nicht nur auf die Identität bzw. Ähnlichkeit der Zeichen an, sondern auch auf die Identität bzw. Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen. Die Rechtsprechung hat zur Verwechslungsgefahr weiter konkretisiert, dass deren Beurteilung umfassend und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles zu erfolgen hat. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, dem Grad der Kennzeichnungskraft der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken. Diese umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine Wechselbeziehung zwischen diesen Faktoren. So kann etwa ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Markenähnlichkeit oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft ausgeglichen werden und umgekehrt.
Sollten Sie die oben gestellte Frage also jetzt schon mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ beantwortet haben, waren Sie vermutlich etwas vorschnell. Denn neben der Markenidentität/-ähnlichkeit müssen bei der Frage nach dem Bestehen einer Verwechslungsgefahr stets auch die Warenidentität/-ähnlichkeit sowie die Kennzeichnungskraft der älteren Marke berücksichtigt werden.
1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Unter der Kennzeichnungskraft eines Zeichens versteht man dessen Eignung, sich dem Publikum aufgrund seiner Eigenart und seines gegebenenfalls durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades als Marke einzuprägen. Das heißt als Herkunftshinweis erkannt, in Erinnerung behalten und wieder erkannt zu werden. Grundsätzlich kommt einer Marke eine normale originäre Kennzeichnungskraft zu. Sofern diese allerdings beschreibend verwendet wird, kann sich die Kennzeichnungskraft verringern. Andererseits kann sich diese erhöhen, wenn das Zeichen intensiv benutzt wird.
Ist Ihnen der Begriff „BELMONDO“ bekannt? Möglicherweise denken Sie spontan an einen nicht mehr ganz so jungen französischen Schauspieler. In Bezug auf Waren aber möglicherweise auch an Schuhe. Das Amt schätzte im Ergebnis die Kennzeichnungskraft der älteren Marke „BELMONDO“ aufgrund einer umfangreichen Benutzung für Schuhe als durchschnittlich bis leicht erhöht für Schuhe ein.
2. Warenidentität/-ähnlichkeit
Um als Herkunftshinweis dienen zu können, müssen Marken stets für bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen eingetragen werden. Jede Marke verfügt daher über ein in verschiedene Klassen aufgeteiltes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis. Eine Aufzählung und einen Vergleich aller von den beiden Marken erfassten Waren ersparen wir Ihnen an dieser Stelle. Im Ergebnis ist das Amt überwiegend von einer Warenidentität oder zumindest hochgradigen Ähnlichkeit ausgegangen.
3. Markenidentität/-ähnlichkeit
Es spricht bislang somit einiges dafür, das Bestehen einer Verwechslungsgefahr anzunehmen. Sollte man diese trotz der durchschnittlichen bis leicht erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie der Identität oder zumindest hochgradigen Ähnlichkeit zwischen den Waren dennoch verneinen wollen, sind – so das DPMA zu Recht – an den Abstand der beiden Zeichen zueinander besonders strenge Anforderungen zu stellen, da sich die Marken auf dem gleichen Markt begegnen und die gleichen Kundenkreise ansprechen.
Letzte Chance, die Meinung noch zu ändern. Sind die Unterschiede zwischen „BERMOND“ und „BELMONDO“ ausreichend um eine Verwechslunsgefahr auszuschließen?
Um diese Frage zu beantworten, werden die Zeichen anhand deren Gesamteindrucks unter drei Gesichtspunkten miteinander verglichen: Schriftbild, Klang, Sinngehalt. Eine hinreichende Übereinstimmung in einer der drei Richtungen reicht aus, um eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen.
a) Schriftbildliche Unterschiede
Übereinstimmungen findet das DPMA beim Schriftbild lediglich in den Anfangsbuchstaben „BE“ und dem Teil „MOND“. Vor allem die Endungen der Zeichen sind unterschiedlich und auch die Gesamtzahl der Buchstaben. Zwar nimmt der angesprochene Verkehr ein Zeichen in der Regel eher flüchtig war und unterzieht es keiner analytischen Betrachtungsweise, doch bereits auf den ersten Blick fallen die visuellen Unterschiede auf, sodass die Zeichen in dieser Hinsicht nicht verwechselbar sind.
b) Klangliche Unterschiede
Noch deutlicher werden die Unterschiede, wenn man die Zeichen einmal hintereinander ausspricht: „BER – MOND“ / „BEL – MON – DO“. Während die ältere Marke „BELMONDO“ aus drei Silben besteht, die weich ausgesprochen werden, besteht die angegriffene Marke „BERMOND“ lediglich aus zwei Silben und wird zudem kurz und dumpf ausgesprochen, also die zweite Silbe eher wie „Mont“ als wie „der Mond“. Diese findet, so das Amt weiter, in „BELMONDO“ auch keine Entsprechung, da dort das „MOND“ in zwei Silben, nämlich „MON“ und DO“, zerfällt. Auch eine klangliche Ähnlichkeit besteht damit nicht, die zu einer Verwechslungsgefahr führen könnte.
c) Begriffliche Unterschiede
Stellt sich schließlich noch die Frage, ob beiden Zeichen vielleicht eine gleiche oder ähnliche Bedeutung zukommt. Allerdings reicht hierfür, so das DPMA, nicht aus, dass es sich bei beiden Zeichen um Familiennamen handelt. Auch hier scheidet die Gefahr von Verwechslungen somit aus.
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist daher im Ergebnis zu verneinen, denn trotz der Warennähe halten die Zeichen selbst einen ausreichenden Abstand zu einander und sind nicht ähnlich. Richtig lag also, wer die Eingangsfrage mit „Nein“ beantwortet hat.
4. Assoziative und mittelbare Verwechslungsgefahr
Nur der Vollständigkeit halber sei aber noch erwähnt, dass eine Verwechslungsgefahr bei unähnlichen Zeichen nicht immer ausgeschlossen sein muss.
Denn nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG genügt es für eine sog. assoziative Verwechslungsgefahr auch, dass die angegriffene Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Angenommen wurde dies von der Rechtsprechung beispielsweise bei „Blue Bull“ und der bekannten Getränke- und Lifestyle-Marke „RED BULL“. Bei „BERMOND“ und „BELMONDO“ sei dies allerdings nicht zu erwarten, so das DPMA.
Schließlich ist noch an eine sog. mittelbare Verwechslungsgefahr zu denken, die bei sog. Serienzeichen angenommen werden kann. Hierbei handelt es sich um Zeichen, bei denen der Verkehr die übereinstimmenden Bestandteile als Stamm mehrerer prioritätsälterer Zeichen des Inhabers der älteren Marke erkennt und deshalb nachfolgende Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, ebenfalls als Zeichen dieses Inhabers wertet. Prominentes Beispiel ist der Stammbestandteil „Mc“ [gesprochen: mäc] von „McDonald’s“, der sich beispielsweise auch in „McDrive“, „McBacon“ und „McCafé“ wiederfindet. Im vorliegenden Fall bleibt es allerdings bei dem Ergebnis: keine Verwechslungsgefahr zwischen „BERMOND“ und „BELMONDO“.
Wir hoffen, Sie lagen mit Ihrer Einschätzung richtig. Beachten Sie allerdings bitte, dass dieser Beitrag eine fundierte rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt im Einzelfall nicht ersetzten soll und kann. Gerne können Sie sich an BREUER LEHMANN RECHTSANWÄLTE wenden, wenn Sie allgemeine oder konkrete Fragen zum Markenrecht haben.