Kostenerstattung bei Abmahnung
Keine Kostenerstattung bei Abmahnung, wenn keine Unterlassungsklage erhoben wird
Sei es im Markenrecht, Urheberrecht, im Wettbewerbsrecht oder Designrecht: Abmahnkosten sind regelmäßig vom Verletzer zu tragen. Eine Ausnahme liegt nur dann vor, wenn entweder die Abmahnung nicht berechtigt war. Oder wenn die Abmahnung nur erfolgte, um Kostennoten zu produzieren. Wenn es als dem Inhaber des verletzten Schutzrechts nur darum geht, dem Verletzer gegenüber eine Kostennote zu senden und die Unterlassung des strittigen Verhaltens nur „Mittel zum Zweck“ wird, dann kann ein Kostenerstattungsanspruch entfallen.
So haben mehrere Gerichte, hier das AG Hamburg, geurteilt. Wenn aussergerichtlich nach Ausspruch der Abmahnung keine Unterlassungserklärung abgegeben wird, dann kommt es regelmäßig zur Klage. Wenn in dieser Klage dann nurmehr die Kosten der Abmahnung eingeklagt werden, die Unterlassung des Verhaltens aber nicht anhängig gemacht wird, dann gehen die Gerichte nicht selten davon aus, dass es dem Kläger gar nich darauf ankam, sondern vielmehr auf den Ausgleich der Kostennote. Denn die Unterlassung einzuklagen ist regelmäßig mit einem höheren Kostenrisiko verbunden als allein die Abmahnkosten einzuklagen. Gleichzeitig muss das gericht prüfen, ob das Unterlassungsbegehren in der Abmahnung auch berechtigt war.
Wenn man also abmahnt, dann sollte man auch vor Gericht konsequent bleiben und die Unterlassung neben der Erstattung der Abmahnkosten weiterhin begehren.
Aus den Gründen:
Die isolierte Geltendmachung der Abmahnkosten ist unzulässig bzw. die Abmahnung nicht berechtigt, da für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung nicht notwendig. Das LG Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 19.01.2011 (23 S 359/09, MMR 2011, 326, zitiert nach Juris) ausgeführt:
„Die Aufwendungen für eine Abmahnung erfolgen nur dann im Interesse und mit dem mutmaßlichen Willen des Störers, wenn sie für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig sind (vgl. BGH NJW 1970, 243). Nach Ansicht der Kammer ist dies nicht mehr der Fall, wenn der Abmahnende bei einer erfolglos gebliebenen Abmahnung, d. h. die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird abgelehnt, seinen Unterlassungsanspruch nicht weiter verfolgt, ohne für die nachträgliche Abstandnahme einen nachvollziehbaren Grund anzuführen (ähnlich LG Frankfurt, NJW-RR 2003, 547 f.; vgl. Wandtke/Bullinger/Kefferpütz, Urheberrecht, 3. Aufl., §97a Rn. 33 m. w. N.).
So liegt der Fall hier: Der Kläger hat die Beklagte wiederholt erfolglos abgemahnt, diese hat die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben. Dennoch hat der Kläger bis heute keine Unterlassungsklage erhoben […]. Einen plausiblen Grund hat er dafür nicht genannt. Gleichzeitig ist aufgrund des Verhaltens der Beklagten offensichtlich, dass sie nicht bereit ist, die verlangten strafbewehrten Unterlassungserklärungen abzugeben, weil sie sich nicht als Störerin betrachtet. Diese Haltung der Beklagten trägt der Kläger in der Klageschrift selbst vor. Bei dieser Sachlage kann nach Auffassung der Kammer aber nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Abmahnungen dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen haben. Ein Ersatz der Abmahnkosten nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag scheidet demnach aus.“
Ähnlich hat das Landgericht Frankfurt in seiner Entscheidung vom 24.05.2002 geurteilt (3/12 O 31/02, NJW-RR 2003, 547, zitiert nach Juris, mit einem Überblick über den Meinungsstand in der Literatur).
An einer berechtigten Abmahnung fehlt es in Fällen wie diesen. Berechtigt ist eine Abmahnung dann, wenn sie objektiv erforderlich ist, um dem Abgemahnten den kostengünstigen Weg aus dem Konflikt zu zeigen bzw. wenn sie notwendig ist, um den Streit ohne ein gerichtliches Verfahren zu beenden. So soll ein kostspieliger Unterlassungsprozess vermieden werden. Droht jedoch gar kein Unterlassungsprozess, kann die Abmahnung diesen auch nicht vermeiden helfen und ist daher nicht berechtigt. Sie erfolgt dann auch nicht im Interesse und mit dem mutmaßlichen Willen des Abgemahnten, so dass auch die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorliegen.
Der Beklagte hat vorprozessual keine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben und im Prozess darauf hingewiesen und eingewendet, dass es dem Kläger offensichtlich nur um den Zahlungsanspruch, nicht aber um die Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs gehe.
Jedenfalls in einer Konstellation wie dieser, in welcher der Beklagte die fehlende Weiterverfolgung des Unterlassungsanspruchs ausdrücklich rügt und keine Unterlassungserklärung abgibt, schließt sich das erkennende Gericht der zitierten Rechtsprechung an und kommt daher hier zu dem Ergebnis, dass die Abmahnung unberechtigt war: Der Kläger hat den Beklagten abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert (Anlage K13). Der Beklagte hat die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben, auch auf zwei weitere vorprozessuale Schreiben nicht. Er hat sie auch bis heute im laufenden Verfahren nicht abgegeben. Dennoch hat der Kläger bis heute auch auf entsprechenden Einwand des Beklagten und den Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung keine Unterlassungsklage erhoben bzw. seine bereits rechtshängige Klage entsprechend erweitert. Daraus wird offenbar, dass dem Beklagten eine Inanspruchnahme des Klägers auf Unterlassung der angegriffenen Äußerung niemals ernsthaft drohte und damit die Abmahnung nicht darauf gerichtet war, einen Unterlassungsprozess zu vermeiden. Sie ist daher nicht berechtigt. Der Kläger hätte seinen Unterlassungsanspruch ebenfalls gerichtlich geltend machen müssen. Dass er das trotz der eindeutigen Positionierung des Beklagten und des gerichtlichen Hinweises nicht getan hat, zeigt, dass es ihm letztlich nicht ernsthaft um die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs geht.
Der Kläger beruft sich dabei ohne Erfolg darauf, dass er den Unterlassungsanspruch aus „Gründen der Prozessökonomie“ bis heute nicht gerichtlich geltend mache. Diese Begründung mag möglicherweise tragen, solange man seine Ansprüche im Mahnverfahren verfolgt, da dieses gemäß § 688 Abs. 1 ZPO nur für Zahlungsansprüche eröffnet ist (genau deshalb könnte es jedoch in Fällen wie diesen, in denen der Unterlassungsanspruch noch offen ist, auch ungeeignet sein). Geht das Verfahren jedoch in das streitige Verfahren über, und rügt der Beklagte, dass er nur auf Zahlung, nicht aber auf Unterlassung in Anspruch genommen wird, und kommt auch keine gütliche Einigung zustande, so muss der Kläger darauf reagieren und den Unterlassungsanspruch geltend machen, wenn er keinen plausiblen Grund zur Seite hat, den Unterlassungsanspruch (einstweilen) nicht gerichtlich geltend zu machen.
Ein solcher ist hier aber nicht (mehr) ersichtlich. Insbesondere ist eine gütliche Einigung, in deren Rahmen möglicherweise auch eine Verständigung über den Unterlassungsanspruch hätte getroffen werden können, nicht zustande gekommen. Spätestens nach Scheitern der Güteverhandlung hätte der Kläger daher den Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend machen müssen. Sollte der Kläger den Unterlassungsprozess aufgrund seines eigenen erhöhten Kostenrisikos scheuen, auch mit Blick auf eine später vielleicht schwer oder gar nicht durchzusetzende Kostenerstattung, so ließe das darauf schließen, dass es ihm letztlich nicht ernsthaft um die Durchsetzung seines Rechts in Gestalt des Unterlassungsanspruchs geht, sondern möglicherweise nur oder vorwiegend um die Geltendmachung der Abmahnkosten. Es besteht auf der anderen Seite auch kein schutzwürdiges Interesse des Beklagten, nicht mit einem teureren Unterlassungsprozess konfrontiert zu werden. Denn es steht ihm frei, eine verbindliche Unterlassungsverpflichtungserklärung auch ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage abzugeben, um so den Unterlassungsprozess zu vermeiden. Wählt er diesen Weg nicht, geht er bewusst das weitere oder erhöhte Kostenrisiko eines Unterlassungsprozesses ein. Es besteht jedoch im Gegenteil ein schutzwürdiges Interesse des Beklagten als Abgemahntem daran, mit sämtlichen gegen ihn vorgebrachten Ansprüchen, die auf demselben Lebenssachverhalt einer vorgeworfenen Rechtsverletzung beruhen, in nur einem gerichtlichen Verfahren konfrontiert zu werden. Denn eine durch die Aufsplitterung des Vorgehens des Abmahnenden bedingte Doppelbelastung des Abgemahnten mit zwei denkbaren Rechtsstreiten liegt nicht in seinem Interesse (vgl. LG Frankfurt, 24.05.2002, 3/12 O 31/02, NJW-RR 2003, 547, zitiert nach Juris, dort Rn. 28), und zwar weder unter Kostengesichtspunkten noch im Hinblick auf die sonstigen Belastungen, die ein Rechtsstreit jedenfalls für viele Parteien mit sich bringt.
Quelle: AG Hamburg, Urteil vom 20.12.2013 – 36a C 134/13