Mangelnde Unterscheidungskraft: Romantik – Marke unter Beschuss
Die Wortmarke ROMANTIK (eingetragen beim EUIPO unter der Nr. 002527109) ist unter Dauerbeschuss. Gegen die Marke, welche im Bereich der Veranstaltung von Reisen, im Jahre 2003 im europäischen Markenregister eingetragen wurde, ist bereits mehrfach erfolgreich ein Löschungsantrag eingereicht worden.
Bereits 4 Anträge auf Löschung der Marke ROMANTIK erfolgreich:
Seit 2008 wurden bisher 4 Anträge auf Löschung der Marke aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft eingereicht. Damit wird die Marke überdurchschnittlich oft angegriffen.
Das Europäische Amt (EUIPO) hat in erster Instanz und auch in der Beschwerdeinstanz den Löschungsbegehren bereits mehrfach stattgegeben. Mit Ausnahme der Dienstleistung „Autovermietung“, welche die Romantik-Marke ebenso für sich beansprucht, wurde das Zeichen ROMANTIK als nicht unterscheidungskräftig angesehen. Demnach fehlt es der Marke an einer wesentlichen Voraussetzung, so dass sie zu löschen war. Eigentlich. Denn in 3 von 4 Fällen haben die Antragsteller die Anträge auf Löschung der Marke zurückgenommen.
Der Grund der vielen Löschungsanträge liegt vermutlich darin, dass die Inhaberin der Marke, die Romantik Hotels & Restaurants AG regelmäßig die nicht (durch sie) autorisierte Verwendung des Zeichens ROMANTIK im Bereich Hotel- und Gaststättengewerbe abmahnen lässt. Auch unserer Kanzlei wurden bereits mehrfach solche Abmahnungen vorgelegt. Nachdem u.a. auch wir der Auffassung sind, dass der Begriff ROMANTIK für jeden Hotelier und Gastronomen verwendbar sein muss, liegt es nahe, die Marke ROMANTIK löschen zu lassen.
Das europäische Markenam (EUIPO) ist der Auffassung, dass die Marke ROMANTIK nicht unterscheidungskräftig ist:
Das EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum vormals Harmonisierungsamt (HABM)) hat u.a. folgende Argumente vorgebracht:
Verfahren R 1257/2016-4, Entscheidung vom 3. Februar 2017 (Beschwerdeinstanz):
Das Zeichen „Romantik“ vermittelt vor dem Hintergrund der gegenständlichen Dienstleistungen einen Hinweis auf deren romantischen Charakter. Es handelt sich um eine bekannte Tatsache, dass Dienstleistungen aus dem Tourismusbereich, insbesondere etwa spezielle Angebote für Hochzeitsreisen, häufig als „romantisch“ angepriesen werden, wobei dies für den Verbraucher das Versprechen enthält, die zu erwartenden Reiseerlebnisse würden eine starke Gefühlswirkung erzeugen. Ob nun, wie die Markeninhaberin in Frage stellt, „Romantik“ auch ein
Qualitätshinweis ist oder nicht, ist unbeachtlich, da es sich jedenfalls um ein Werbeschlagwort handelt (6.9.2012, R 1645/2011-1, „Romantik“, § 32, 33).Dass es sich um das Substantiv „ROMANTIK“ handelt und nicht um das Adjektiv „romantisch“, ist nicht entscheidend. „ROMANTIK“ stellt sich ein, wenn man romantische Gefühle verspürt, und umgekehrt. Die grammatische Einordnung eines Wortes ist markenrechtlich nicht relevant, das Markenrecht befasst sich mit der Wahrnehmung der Verkehrskreise. Überdies ist das englische Wort „romantic“, dessen Schreibung mit Endbuchstaben „K“ für das Verständnis der englischsprachigen Verkehrskreise eine gänzlich unerhebliche Abwandlung
darstellt, ein Adjektiv, so dass bezogen auf die englische Sprache das auf den Unterschied zwischen Substantiv und Adjektiv bezogene Argument ins Leere geht.Bezogen auf die streitgegenständlichen Dienstleistungen vermittelt „ROMANTIK“ in der Tat eine sowohl lobende und anpreisende als auch beschreibende
Aussage.Für Klasse 43 bedeutet es, dass sich die so angebotenen oder zu reservierenden Hotelzimmer durch „Romantik“-Ambiente, also durch eine idyllische Lage, individuell eingerichtete Zimmer und insgesamt eine Angebotsstruktur, auszeichnen, die die betreffende Hotelunterkunft als z.B. für Verliebte oder ganz allgemein für Personen, die einen individuellen Urlaub verbringen wollen, geeignet erscheinen lässt.
Das Gegenbeispiel wären Hotels für Geschäftsreisende mit weltweit standardisierter, funktional-unpersönlicher Einrichtung. Das Zeichen ist sehr wohl geeignet, den Verbrauchern relevante Informationen über die Merkmale des Hotelzimmers zu vermitteln, die, ohne präzise und messbar zu sein, bei der Entscheidung helfen, ob das Angebot den Wünschen und dem Bedarf des Verbrauchers entspricht.
Die streitgegenständlichen Dienstleistungen in Klasse 39 betreffen die Durchführung von Reisen. Auch insoweit ist die o.g. Wortbedeutung ohne
weiteres einschlägig: Es kann sich nicht nur um Reisen handeln, deren Übernachtungen in Romantik-Hotels stattfinden, es kann auch die gesamte Reise
unter dem Thema Romantik stehen, etwa Besuch romantischer Orte oder Vermittlung einer romantischen Atmosphäre als Merkmal der Reise insgesamt,
z.B. für „Kreuzfahrten“ in der Weise, dass die Atmosphäre auf dem 03/02/2017, R 1257/2016-4, ROMANTIKKreuzfahrtschiff insgesamt romantisch ausgerichtet ist (romantische Kajüten, Diners, Animationen beim Sonnenuntergang …).Somit besteht die einerseits anpreisende, andererseits beschreibende Bedeutung für alle streitgegenständlichen Dienstleistungen.
und weiter:
„Dagegen legte die Markeninhaberin jeweils Beschwerde ein. Im Fall R 1645/2011-1 = Nr. 4065 C (oben in Rdn. 27 bereits erwähnt) bestätigte die
Kammer das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen nach Artikel 7 (1) UMV. In allen drei Fällen blieb die Unionsmarke nur eingetragen – so dass sie nunmehr
ein viertes Mal mit Löschungsantrag angefochten werden konnte –, weil die jeweiligen Antragsteller zur Zurücknahme des Löschungsantrags bewegt wurden (im Verfahren Nr. 4065 C – nach Zurückverweisung wegen Prüfung der Verkehrsdurchsetzung – siehe 11.2.2014, R 1639/2013-4). Auch das Bundespatentgericht hat eine identische Marke für schutzunfähig erachtet, so dass zusammenfassend festzustellen ist, dass die bisher ergangenen Entscheidungen allesamt negativ für die Markeninhaberin waren.“
Das LG Frankfurt am Main urteilt regelmäßig ohne substantiierte Begründung pro Markeninhaberin:
„Was die nationalen Entscheidungen in Verletzungsverfahren betrifft, so ist zunächst festzuhalten, dass das Urteil des LG Frankfurt 2-06 O 69/15 auf ein
Unternehmenskennzeichen, d.h. den Firmennamen der Markeninhaberin (§ 5 MarkenG), gestützt war und das Urteil des LG Frankfurt 2-06 O 127/10 Rechtsschutz aus „den Kennzeichnungen“ gewährt, ohne mitzuteilen, auf welche Marke und welche Anspruchsgrundlage das Urteil gestützt ist, und andererseits keine Ausführungen zur Schutzfähigkeit oder inhärenten Kennzeichnungskraft der Klagemarke enthält. Unabhängig davon stellt die Markeninhaberin die Dinge deshalb auf den Kopf, weil die Verletzungsgerichte an den Rechtsbestand der Klagemarke gebunden sind (im Unionsmarkenrecht: Artikel 107 UMV) und der Angriff gegen die Gültigkeit der Klagemarke gerade nur im separaten Verfahren (Löschungsantrag oder Widerklage) geführt werden kann (im Unionsmarkenrecht: siehe Artikel 99 (3) UMV, der die einredeweise Geltendmachung der Nichtigkeit ausschließt). Die Stellung des vorliegenden Löschungsantrags ist gerade erforderlich, will man sich im Verletzungsverfahren verteidigen, wenn die Klagemarke – nach Meinung des angeblichen Verletzers – schutzunfähig ist.“
Auch die immer wieder behauptete Verkehrsdurchsetzung kann die Markeninhaberin nicht nachweisen.
„Außer der Umfrage der NIT wurden im wesentlichen nur Auszüge aus Geschäftsberichten vorgelegt. Sowohl aus dem Gesagten als auch aus der Zahl von 13.000 Hotelbetrieben allein in Deutschland, welche Zahl die Markeninhaberin nicht bestritten hat und die auf jeden Fall der Dimension nach zutreffen wird, folgt im Vergleich dazu, dass die Markeninhaberin geltend macht, der Kooperation gehörten 200 Hotels an, sowie im Vergleich zu der Tatsache, dass der Lebenserfahrung nach (jedenfalls ergibt sich nichts gegenteiliges aus dem Akteninhalt) jedes dieser Hotels einen eigenen Namen verwendet, so dass nicht klar wird, ob und wie die angefochtene Marke im Marktauftritt der jeweiligen Hotels selbständig verwendet wird, dass die Markeninhaberin gehalten war, über bloße Umsatzzahlen u.ä. hinaus auch die tatsächliche Aufassung der angesprochenen Verkehrskreise, d.h. der Durchschnittsverbraucher, nachzuweisen.
[…]
Somit ist zusammenfassend festzustellen, dass selbst bei einer derart methodisch unzuverlässigen Befragung und selbst auf der Basis, dass dem Befragten bereits aus der Fragestellung ersichtlich sein musste, dass es sich um „Marken“ handelte (vgl. S. 13 „Übersicht über die abgefragten Marken“), d.h. selbst mit
dem die Kernfrage, ob es sich überhaupt um einen Herkunftshinweis handelt, vorwegnehmenden Hinweis auf den Markencharakter der jeweils präsentierten Angaben und dem
ausdrücklichen Hinweis darauf, dass es sich um „Hotelmarken“ handelt, die Markeninhaberin nur auf einen Prozentsatz von 24 % kommt, was angesichts dessen, dass grundsätzlich bei lege
artis durchgeführten Meinungsumfragen ein Bekanntheitsgrad von 50 % verlangt wird, weit unter dem für eine Verkehrsdurchsetzung geforderten Bekanntheitsgrad liegt (siehe 11.2.2010, T-289/08, „Deutsche BKK“, EU:T:2010:36, § 93, 94). 50 Überdies hat die Kammer sogar bei von anerkannten Marktforschungsinstituten durchgeführten Umfragen Bedenken gegen die Methode einer Online-Umfrage.“
Diese jüngste Löschungsentscheidung ist nun vor den Europäischen Gerichten anhängig gemacht worden. Soweit wir das sehen, hat der Antragsteller das erste mal die Beschwerde nicht zurückgenommen, so dass jetzt auch eine weitere Instanz über den Fall entscheiden muss. Das ist sicherlich zu begrüßen, um diese Thematik abschließend zu klären.