Kaffeekapseln haben keinen umfassenden Patentschutz
Der Fall “NESSPRESSO”
“Ethical Coffee Company”, ein schweizer Unternehmen, das seit 2010 biologisch abbaubare und zu Nespresso-Maschinen kompatible Kaffeekapseln in Frankreich herstellt, vertreibt diese seit 2011 in ganz Europa.
Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé hatte Anfang des Jahres den Vertrieb unter Berufung auf seine Patente untersagen wollen.
Das LG Düsseldorf wies den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung als unbegründet ab, LG Düsseldorf – 4b O 81/12.
Unstreitig wird zwar festgestellt, dass Nespresso ein Patent auf die Kaffeemaschinen hat. In der Benutzung von Kapseln anderer Hersteller durch den Verbraucher, sah das LG Düsseldorf aber keine Patentverletzung. Hierzu führte es aus, dass es sich bei der Verwendung der Kapseln in den Nesspresso-Maschinen um “bestimmungsgemäßen Gebrauch der patentgeschützten Vorrichtung und nicht um eine Neuherstellung im Rechtssinne” handelte.
In Anlehnung an die zuvor ergangene BGH Entscheidung bezüglich Pipettensystem (BGH, GRUR 2007, 769, 772) zitierte das LG Düsseldorf:
“Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines patentgeschützten Erzeugnisses gehört auch die Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, wenn die Funktions- oder Leistungsfähigkeit des konkreten Erzeugnisses ganz oder teilweise durch Verschleiß, Beschädigung oder aus anderen Gründen beeinträchtigt oder aufgehoben wird. Von der Wiederherstellung einer aufgehobenen oder beeinträchtigten Gebrauchstauglichkeit eines mit Zustimmung des Patentinhabers in den Verkehr gelangten Erzeugnisses kann indessen dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die getroffenen Maßnahmen darauf hinauslaufen, das patentgemäße Erzeugnis erneut herzustellen. Für die Abgrenzung zwischen (zulässigem) bestimmungsgemäßen Gebrauch und (unzulässiger) Neuherstellung ist dabei maßgeblich, ob die getroffenen Maßnahmen noch die Identität des bereits in den Verkehr gebrachten konkreten patentgeschützten Erzeugnisses wahren oder der Schaffung eines neuen erfindungsgemäßen Erzeugnisses gleichkommen. Zur Beurteilung dieser Frage bedarf es einer die Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten Gebrauch des in den Verkehr gebrachten konkreten erfindungsgemäßen Erzeugnisses andererseits“
Zwei Argumente werden in diesem Zusammenhang als ausschlagend erachtet. Zum einen findet nach dem LG Düsseldorf in den Kapseln die “erfinderische Leistung” nicht ihren spezifischen Niederschlag, d.h. “die Kapseln verkörpern keinen wesentlichen Teil des Erfindungsgedankens”. Zum anderen realisiert sich in den Kapseln nicht der technische Vorteil der Erfindung. Somit lag keine Patentverletzung vor.
Ausblick
Im Gegensatz zum Geschmacksmusterrecht kann vom Patentrecht und Gebrauchsmusterrecht grundsätzlich auch eine mechanische Form, die für den Zusammenbau notwendig ist, geschützt werden.
Nach § 3 GeschmMG sind hingegen namentlich vom Geschmacksmusterschutz ausgeschlossen :
1. Erscheinungsmerkmale von Erzeugnissen, die ausschließlich durch deren technische Funktion bedingt sind;
2. Erscheinungsmerkmale von Erzeugnissen, die zwangsläufig in ihrer genauen Form und ihren genauen Abmessungen nachgebildet werden müssen, damit das Erzeugnis, in das das Muster aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, mit einem anderen Erzeugnis mechanisch zusammengebaut oder verbunden oder in diesem, an diesem oder um dieses herum angebracht werden kann, so dass beide Erzeugnisse ihre Funktion erfüllen.
Allerdings zeigt auch diese Entscheidung wieder deutlich, dass eine Umgehung des § 3 GeschmMG durch die Berufung auf Patente oder Gebrauchsmuster nicht ohne weiteres gelingt.
(mn)